Schiedsvereinbarung und Insolvenzverfahren
Der Insolvenzverwalter ist an eine Schiedsvereinbarung nicht immer gebunden
Grundsätzlich ist ein Insolvenzverwalter verpflichtet, Verträge so zu erfüllen, wie das insolvente Unternehmen sie geschlossen hat. Er hat die gleichen Rechte und Pflichten, die zuvor die Schuldnerin inne hatte. Die Insolvenzordnung gibt ihm lediglich einige Sonderrechte an die Hand. Auch an eine Schiedsvereinbarung muss ein Insolvenzverwalter sich im Grunde halten. Wenn also das insolvente Unternehmen mit einem Geschäftspartner vereinbart hat, dass über Meinungsverschiedenheiten ein Schiedsgericht entscheiden soll und die staatlichen Gerichte nicht zuständig sind, gilt dies auch für den Insolvenzverwalter. Aber nicht immer, wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30.06.2011, III ZB 59/10 klargestellt hat.
In dem entschiedenen Fall hatten zwei Unternehmen einen Vertrag geschlossen, in dem sie sich wechselseitig Lizenzen an ihren Halbleiterpatenten gewährten. Als eines davon insolvent wurde, machte dessen Insolvenzverwalter von seinem Wahlrecht gemäß § 103 InsO Gebrauch. Es lag ein gegenseitiger nicht oder nicht vollständig erfüllter Vertrag vor, so dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung dieses Vertrags verlangen konnte mit der Folge, dass er als Insolvenzverwalter die Patente des anderen Unternehmens weiternutzen durfte, diesem aber die Patente der Schuldnerin überlassen musste. Der Insolvenzverwalter konnte aber auch die Erfüllung des Vertrags ablehnen, so dass die beiden Unternehmen die Lizenzen an den Patenten des jeweils anderen verloren. Hierfür entschied er sich dann auch.
Das andere Unternehmen verklagte den Insolvenzverwalter dann vor dem Schiedsgericht, um den Fortbestand der Nutzungsrechte zu erreichen. Dieser stellte einen Antrag gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO, um die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens feststellen zu lassen, da sein Wahlrecht aus § 103 InsO betroffen sei. Dies sei ein gesetzlich dem Insolvenzverwalter zustehendes Recht, das der Verfügungsgewalt des schuldnerischen Unternehmens entzogen sei. Aus diesem Grund sei er an die Schiedsvereinbarung nicht gebunden, so dass der Prozess vor den ordentlichen Gerichten geführt werden müsse.
Der Bundesgerichtshof hat dem Insolvenzverwalter grundsätzlich Recht gegeben. Da aber nicht klar war, ob sich der vor dem Schiedsgericht anhängige Prozess wirklich auf das Wahlrecht aus § 103 InsO bezog, wurde der Rechtsstreit an die vorherige Instanz zurück verwiesen, um diesen Sachverhalt noch ergänzend zu ermitteln.
Ähnlich wird auch in Fällen der Insolvenzanfechtung angenommen, dass der Insolvenzverwalter den Rückgewähranspruch nach einer solchen Anfechtung vor den ordentlichen Gerichten einklagen kann, auch wenn die Schuldnerin mit dem Anfechtungsgegner eine Schiedsvereinbarung geschlossen hatte. Auch hier wird damit argumentiert, dass der Insolvenzanfechtungsanspruch ein selbständiges Recht des Insolvenzverwalters ist.