Outsourcing: Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassung

Wer sich mit Outsourcing, also dem Ausgliedern von Tätigkeiten aus einem Betrieb  beschäftigt, muss darauf achten, dass der geschlossene Werk- oder Dienstvertrag auch wirklich ein solcher ist. Die Arbeitnehmer des Auftragnehmers dürfen nicht derartig in den Betrieb des Kunden integriert sein, dass in Wahrheit eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Dies kann je nach Konstellation nämlich dazu führen, dass die Arbeitnehmer die ggf. höhere Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebs oder gar direkt eine Anstellung bei diesem verlangen können. Zudem kann eine Ordnungswidrigkeit vorliegen, die mit empfindlichen Geldbußen geahndet wird.

Es ist durchaus zulässig, im Rahmen des Outsourcing, also eines Werk- oder Dienstvertrags für ein anderes Unternehmen zu arbeiten. Niemand wird bestreiten, dass eine Fabrik einen Malerbetrieb mit dem Neuanstrich der Fassade beauftragen kann, ohne dass dessen Mitarbeiter zu Angestellten der Fabrik würden. Problematisch sind immer die Fälle, in denen Arbeiten ausgegliedert werden, die ständig ausgeführt werden müssen, wie etwa Verpackungs-, Lager- und auch Transportarbeiten.

Nach den gängigen Abgrenzungskriterien ist darauf abzustellen, ob die Arbeitnehmer des Outsourcing-Unternehmens in den Kundenbetrieb eingebunden sind und ob sie den Weisungen des Kunden direkt unterworfen sind. Das Outsourcing-Unternehmen muss also organisatorisch vom Kundenbetrieb abgegrenzt sein, am Besten in eigenen Räumen, und einen eigenen Vorarbeiter haben, der die Arbeitnehmer einteilt und überwacht. Hierbei ist zu beachten, dass der Kunde dem Werk- oder Dienstunternehmer durchaus Weisungen erteilen und mitteilen kann, welche Waren zu verpacken sind, wohin welche Fracht zu bringen ist, usw. Ebenso kann die Fabrik in dem genannten Beispiel dem Malerbetrieb ja auch mitteilen, mit welcher Farbe er arbeiten soll, etc. Bei einem wirksamen Werk- oder Dienstvertrag darf nur nicht direkt auf die Arbeitnehmer zugegriffen werden. Wichtig ist hierbei auch, dass die Gerichte nicht auf die Vertragslage abstellen, sondern auf die tatsächliche Ausführung des Outsourcing.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zum Outsourcing vom 12.12.2012, 15 Sa 1217/12

Wie schwierig diese Abgrenzung ist, macht einmal mehr das Urteil des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 12.12.2012, AZ 15 Sa 1217/12 deutlich, in dem es um eine ausgegliederte Verpackungsabteilung einer Fleisch- und Wurstfabrik ging. Das Outsourcing-Unternehmen erhielt zwar eine Vergütung nach verpackter Menge und nicht nach geleisteten Arbeitsstunden, was normalerweise ein Indiz für einen echten Werkvertrag ist. Auch hatte der Auftragnehmer die Gewährleistung für seine Tätigkeit vertraglich übernommen, d.h. er war bereit, schlechte Verpackungen auf eigene Kosten nachzubessern oder auszutauschen, und dies wurde auch tatsächlich verlangt.

Das Problem war jedoch, dass der tatsächliche Anfall der Verpackungsarbeiten nur eine Woche im Voraus mitgeteilt wurde und dass es nur einen Rahmenvertrag mit einem Leistungsverzeichnis gab, also einer Art Preisliste für die Verpackung der verschiedenen Fleisch- und Wurstwaren. Da sich also die Arbeit des Outsourcing-Unternehmens nach dem jeweiligen Bedarf des Kunden richtete und der Vertragsinhalt nicht von vornherein bestimmt war, ging das Landesarbeitsgericht davon aus, dass in der sehr kurzfristigen Übergabe der Wochenplanung letztlich bereits eine Anweisung an die jeweiligen Mitarbeiter des Werkvertragsunternehmens lag, die zu einer Arbeitnehmerüberlassung führte. Es fehlte hierdurch an einem eigenen, der Abnahme fähigen Gewerk des Outsourcing-Unternehmens. Dieses wurde durch den Rahmenvertrag nicht hinreichend konkretisiert, sondern erst durch die Weisungen im Rahmen der wöchentlichen Verpackungsvorschau.

Ein weiteres Indiz war auch, dass Arbeitnehmer des Verpackungsunternehmens teilweise auch als „Springer“ im Betrieb des Kunden eingesetzt wurden und z.B. bei der Produktion der Wurst- und Fleischwaren mit Arbeitnehmern des Kunden direkt zusammen arbeiteten. Auch wenn das offenbar nur selten geschah, war dieser Umstand für das Gericht ein starkes Indiz dafür, dass keine zwei Betriebe zweier selbständiger Unternehmen vorhanden waren. Es nahm an, dass eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorlag, bei der das Outsourcing-Unternehmen letztlich nur seine Arbeitnehmer zur Verfügung stellte, ohne eine darüber hinaus gehende Leistung zu erbringen.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.09.2013, 10 AZR 282/12 zum Outsourcing

Ähnlich hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 25.09.2013, 10 AZR 282/12 entschieden, dass ein im Vertrag als solcher bezeichneter Werkvertragsunternehmer in Wahrheit Angestellter des bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege war. Es handelte sich hierbei um einen Einzelunternehmer, der Bodendenkmäler in einem Computersystem erfassen und nachqualifizierten sollte. Hierfür war er im Zeitraum 2005 bis 2009 etliche Monate von 7.30 Uhr bis 17 Uhr in verschiedenen Behörden des Landesamtes vor Ort, da er auch Zugriff auf die dortigen Akten haben musste, und gab die Daten an einem jeweils für ihn eigens eingerichteten PC-Arbeitsplatz in die EDV des Landesamtes ein. Er verfügte auch über eine dienstliche E-Mail-Adresse und musste sich an inhaltliche Vorgaben für das gesamte Projekt sowie bestimmte Listentexte halten, um die Bodendenkmäler in das Computersystem einzugeben. Er schuldete nach Auffassung des Gerichts nicht die Herstellung eines Werkes, sondern eine Tätigkeit, nämlich die Eingabe und Aufbereitung der Daten für das Computersystem des Landesamtes. Da er so stark in die Behörde eingegliedert war, dass er seine Arbeit in persönlicher Abhängigkeit erbrachte, war er nach Ansicht sämtlicher Instanzen Arbeitnehmer und eben kein freier Mitarbeiter.

Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 01.08.2013, 2 Sa 6/13 zum Outsourcing

Ähnlich gelagert ist auch der in der Presse vielbeachtete Fall, den das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg am 01.08.2013, AZ 2 Sa 6/13 entschieden hatte. Hier ging es um zwei formell als freie Mitarbeiter bezeichnete IT-Spezialisten, deren Auftraggeber wiederum einen Vertrag mit einem weiteren Unternehmen hatte, das seinerseits mit IT-Dienstleistungen für Daimler-Benz beauftragt war. Dies führte dazu, dass die beiden Kläger seit 2001 in den Räumen der Endkundin ansässig waren und zuletzt die PC-Arbeitsplätze der Treasury (Finanzorganisation) betreuten. Sie waren dort für die Funktionsfähigkeit der Computer der Mitarbeiter der Endkundin verantwortlich und führten auch das Bestellwesen durch. Untergebracht waren sie in einem eigenen Zimmer, dessen Tür zwar mit „Fremdfirma“ beschriftet war, die Einrichtung und ihr eigener PC-Arbeitsplatz wurden jedoch von Daimler Benz zur Verfügung gestellt. Ihre Aufträge sollten sie über einzelne „Tickets“, also Arbeitsaufträge, erhalten, die Daimler Benz jeweils dem Auftraggeber der IT-Mitarbeiter zukommen ließ. In der Praxis war es jedoch so, dass sich viele Mitarbeiter der Endkundin direkt an die beiden Kläger wandten und per E-Mail oder auch persönlich Aufträge erteilten, etwa wenn es Probleme mit einem PC gab. Hinzu kam, dass die Kläger zu festen Arbeitszeiten, nämlich montags bis freitags von 8 bis 17 Uhr, in den Räumen der Endkundin anwesend sein mussten und auch an einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 35 Stunden infolge der Wirtschaftskrise, die bei dieser zeitweise eingeführt wurde, teilnahmen. Aufgrund dieser Umstände ging das Landesarbeitsgericht in seiner ausführlich begründeten Entscheidung davon aus, dass die Kläger weder ihre Arbeitszeit noch ihre Arbeitsaufgaben frei bestimmen konnten, so dass sie letztlich Angestellte von Daimler Benz waren und kein Outsourcing gegeben war. Insbesondere die Vielzahl von Einzelweisungen, die ohne das Auslösen eines sog. „Tickets“ erteilt wurden, führten letztlich dazu, die Mitarbeiter der Endkundin den Klägerin arbeitsvertragliche Weisungen erteilten und sie so faktisch in deren Betrieb eingegliederten. Die Revision in dieser Sache ist anhängig.

Diese aktuellen Urteile machen einmal mehr deutlich, dass der Gegenstand eines Werk- oder auch Dienstvertrags im Vorhinein genau bestimmt werden muss, und ich werde den nächsten Outsourcing-Vertrag noch kritischer als sonst hierauf prüfen. Zudem ist es zu empfehlen, Outsourcing-Arbeiten in getrennten Räumen zu erbringen, und auch die gemeinsame Benutzung von Kantine usw. zu vermeiden, so dass die Gefahr der Vermischung der beiden Betriebe im Rahmen der tatsächlichen Zusammenarbeit eingedämmt ist. Denn es ist nur ganz natürlich, dass die Arbeitnehmer des Werk- oder Dienstleisters freundlich auf Weisungen oder Sonderwünsche des Kunden reagieren und so aufgrund ihrer Gutwilligkeit die ursprünglich vorhandene Abgrenzung aufheben.

Haben Sie Fragen zum Thema Outsourcing? Gerne bin ich Ihnen behilflich. Vereinbaren Sie einen Termin im meiner Kanzlei oder lassen Sie sich schriftlich beraten.

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2 Kommentare

  1. meine Frage
    was kann man machen wenn immer mehr von der Geschäftsleitung die Aufträge an Werksarbeiter gegeben wird und den Stammarbeitern wenig Aufträge bleiben damit die Prämie in der Stammarbeiter Gruppe niedrig bleibt

    1. Sehr geehrter Herr Döge, hier könnte man über eine Schadenersatzforderung nachdenken. Dies müsste genauer geprüft werden. Vereinbaren Sie bitte einen Termin in meinem Büro oder wenn Sie zu weit entfernt wohnen bei einem örtlichen Anwalt. Hier ist ein ausführliche Gespräch nebst Sachverhaltsermittlung erforderlich. Ihr Anliegen eignet sich nicht für eine Online-Beratung. Mit freundlichen Grüßen Dr. Scheibeler

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