Insolvenzausfallgeld auch für Gesellschafter und Geschäftsführer
Auch Gesellschafter, Geschäftsführer und andere Nicht-Arbeitnehmer können unter bestimmten Umständen Insolvenzausfallgeld erhalten – eine Zusammenstellung der Rechtsprechung
Wenn der Arbeitgeber insolvent wird, sind oft auch die Löhne nicht bezahlt, manchmal sogar über mehrere Monate. Arbeitnehmer können dann bei der Agentur für Arbeit für die letzten drei offenen Gehälter Insolvenzausfallgeld beantragen und ihren Ausfall kompensieren. In größeren Insolvenzverfahren ist der vorläufige Insolvenzverwalter oft auch in der Lage, mit einer Bank oder Sparkasse eine Vorfinanzierung zu vereinbaren, so dass die Gehälter zeitnah ausgezahlt werden können und der Arbeitnehmer nicht mehrere Monate warten muss, bis die Arbeitsagentur seinen Antrag auf Insolvenzausfallgeld geprüft hat.
Was ist aber eigentlich mit Geschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern, die oft auch mehrere Monate auf ihr Gehalt verzichten mussten? Die Antwort lautet hier wie so oft: Es kommt darauf an.
Insolvenzausfallgeld wird grundsätzlich nur an Arbeitnehmer ausgezahlt. Der Begriff des Arbeitnehmers wird genauso definiert wie bei der Arbeitslosengeldversicherung. Der Arbeitnehmer muss persönlich abhängig sein, d.h. in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung weisungsgebunden sein.
Bei angestellten Geschäftsführern oder auch Vorständen, die keine Anteile an dem insolventen Unternehmen haben und nach den Weisungen der Gesellschafter handeln müssen, ist eine solche persönliche Abhängigkeit gegeben. Obwohl sie gesetzliche Vertreter der insolventen Gesellschaft waren und oft auch Arbeitgeberfunktionen ausgeübt haben, werden sie als Arbeitnehmer angesehen, so dass ihnen Insolvenzausfallgeld zusteht.
Auch wenn die Geschäftsführer oder Vorstände nur einen kleinen Gesellschaftsanteil halten und über keine Sperrminorität verfügen, also von den übrigen Gesellschaftern überstimmt werden können, haben sie Arbeitnehmerstatus. Etwas Anderes gilt, wenn sie mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile halten oder eine Sperrminorität vereinbart wurde. Dann können sie selber im Rahmen der Gesellschafterversammlung über die Geschicke des Unternehmens bestimmen und sich dann quasi selbst in der Position als Geschäftsführer, Vorstand oder auch als sonstiger Angestellter Weisungen erteilen. Sie sind keine weisungsgebundenen Arbeitnehmer mit Anspruch auf Insolvenzausfallgeld.
Zu beachten ist weiterhin, dass die Sozialgerichte die förmliche Konstruktion außerdem noch anhand der tatsächlichen Umstände hinterfragen. Besteht z.B. eine persönliche Beziehung zu den übrigen Gesellschaftern, die dazu führt, dass diese auf die Meinung des Minderheitsgesellschafters aus persönlichen Gründen Rücksicht genommen haben, wird ein solcher Fall so behandelt, als hätte der Minderheitsgesellschafter eine Sperrminorität. Er ist dann aufgrund der persönlichen Beziehung zu den Mehrheitsgesellschaftern nicht weisungsgebunden und kein Arbeitnehmer.
Ob jemand Anspruch auf Insolvenzausfallgeld hat, ist also anhand der Einzelfallumstände sorgfältig zu prüfen. Indiz für eine Arbeitnehmereigenschaft ist sicher das Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen während der bisherigen Beschäftigung. Hieran sind die Sozialgerichte aber nicht gebunden. In einer Entscheidung des Bundessozialgerichts hatte die AOK die Sozialversicherungspflicht des Arbeitnehmers ausdrücklich abgelehnt. Gleichwohl gewährte das Bundessozialgericht dem Minderheitsgesellschafter und Geschäftsführer Insolvenzausfallgeld (Entscheidung vom 04.07.2007, B 11a 5/06 R).
Gesellschafter und Geschäftsführer insolventer Unternehmen sollten also sorgfältig prüfen, ob ihnen Insolvenzausfallgeld zusteht. Unter bestimmten Umständen sind auch sie in der Lage, von der Gesellschaft nicht gezahltes Entgelt im Rahmen des Insolvenzausfallgeldes von der Bundesagentur für Arbeit zu erhalten.