Betriebsrente – Arbeiter können Anpassung nach oben fordern
Arbeiter haben je nach den Umständen des Einzelfalls die Chance, eine Anpassung ihrer Betriebsrente nach oben zu verlangen, wenn eine Ungleichbehandlung gegenüber Angestellten vorliegt. Dies hat das BAG in seinem Urteil vom 16.02.2010, 3 AZR 216/09 und einer Vielzahl von Parallelurteilen vom gleichen Tag bestätigt.
In dem führenden Fall war ein Arbeitnehmer von 1969 bis 1998 bei einem Unternehmen angestellt gewesen. Dieses hatte ihm eine Betriebsrente, ausgezahlt durch eine Versorgungskasse, zugesagt. Die Altersrente betrug für die ersten zehn Dienstjahre 10 % der pensionsfähigen Bezüge. Danach galten für Arbeiter und Angestellte unterschiedliche Steigerungsraten. Es wurde als danach unterschieden, ob jemand als Arbeiter im Wesentlichen körperliche oder als Angestellter geistige Arbeit leistete. Diese inzwischen überkommene und vielen auch gar nicht mehr bekannte Unterscheidung war bis Anfang der neunziger Jahre im Arbeitsrecht üblich, so galten z.B. auch unterschiedliche Kündigungsfristen, bis die entsprechende Regelung vom Bundesverfassungsgericht für unwirksam erklärt und im Nachgang abgeschafft wurde.
Der Arbeitgeber erklärte die Ungleichbehandlung damit, dass bei Angestellten der Unterschied zwischen der gesetzlichen Altersrente und dem gezahlten Gehalt größer ist. Da ihre finanziellen Einbußen bei Renteneintritt also höher sind, wollte er ihnen eine höhere Rente zu kommen lassen. Dies konnte er jedoch anhand von Zahlen nicht plausibel belegen. Das Bundesarbeitsgericht hielt daher die Unterscheidung aufgrund des bloßen Status als Arbeiter und Angestellter für nicht gerechtfertigt und stellte einen Verstoß gegen den betrieblichen Gleichheitsgrundsatz des § 75 BetrVG fest. Der Arbeiter konnte daher eine Anpassung seiner Betriebsrente nach oben gemäß § 1 b Abs. 1 S. 4 BetrAVG, kurz Betriebsrentengesetz verlangen.
Der Arbeitgeber kann sich allerdings noch für Zeiten bis zum 01.07.1993 auf Vertrauensschutz berufen. Weil bis zu diesem Datum auch in den Gesetzen an den Status der Arbeitnehmer angeknüpft und unterschiedliche Rechtsfolgen geltend gemacht wurde, muss die Betriebsrente erst für Zeiten nach dem Stichtag angepasst werden. Der Arbeiter kann also ab dem 01.07.1993 die großzügigeren Berechnungssätze der Angestellten für sich beanspruchen. Die Unterstützungskasse und der Arbeitgeber haften als Gesamtschuldner, im Innenverhältnis hat der Arbeitgeber die Mehrkosten zu tragen.
Betriebsrentner, die früher als Arbeiter eingestuft worden sind, können somit eine Anpassung der Betriebsrente nach oben verlangen, wenn die Versorgungszusage für Angestellte günstiger ist und pensionsfähige Zeiten nach dem 01.07.1993 geltend gemacht wurden. Auch wenn dies monatlich ggf. nur ein zweistelliger Betrag ist: Durch die ggf. rückwirkende Geltendmachung und die monatliche Zahlung auch für die Zukunft kann hier für den Einzelnen eine stattliche Summe herauskommen. Arbeiter sollten daher die Versorgungsordnung anwaltlich prüfen lassen. Hiermit sollte auch nicht gewartet werden: Bereits in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen wandte der Arbeitgeber Verwirkung ein. Er argumentierte, dass der Arbeiter so lange mit der Klage gewartet habe, dass der Arbeitgeber annehmen durfte, die Ansprüche würden nicht mehr geltend gemacht. Dieses Argument wird natürlich umso stärker, je mehr Zeit verstrichen ist und je bekannter es wird, dass eine Anpassung für Arbeiter ggf. möglich ist.