Krankheit, Kündigung und Eingliederungsmanagement

Bevor der Arbeitgeber eine krankheitsbedingte Kündigung ausspricht, muss er ein betriebliches Wiedereingliederungsmanagement durchführen

Sobald ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist, muss der Arbeitgeber ein so genanntes Wiedereingliederungsmanagement durchführen. Der Arbeitgeber hat dabei mit Zustimmung und Beteiligung des Arbeitnehmers klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden wird und mit welchen Leistungen und Hilfen neuer Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Dies kann dazu führen, dass der Arbeitnehmer auf einen Arbeitsplatz versetzt wird, der im Hinblick auf sein konkretes Krankheitsbild weniger beanspruchend ist, oder aber dass ihm technische Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, die bestimmte Arbeitsgänge erleichtern.

Geschieht dies nicht, ist eine personenbedingte Kündigung wegen Krankheit erheblichen Hürden ausgesetzt. Dies hat das Arbeitsgericht Hamburg in seiner Entscheidung vom 26.02.2009, AZ 29 Ca 422/08, im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Wiedereingliederungsmanagement deutlich gemacht. Zwar sei die Durchführung des Wiedereingliederungsmanagement keine formelle Voraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung. Das Erfordernis des Wiedereingliederungsmanagements konkretisiere jedoch den den gesamten Kündigungsschutz prägenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Wenn der Arbeitgeber also das Wiedereingliederungsmanagement nicht durchführt, muss er im Rahmen der Begründung nach einer krankheitsbedingten Kündigung umfassend vortragen, dass der Arbeitnehmer nicht mehr an seinem alten Arbeitsplatz eingesetzt werden könne, eine leidensgerechte Anpassung oder Veränderung ausgeschlossen und auch keine Beschäftigung mit anderen Aufgaben möglich sei.

Da einer krankheitsbedingten Kündigung üblicherweise eine über einige Jahre andauernde Krankheitsgeschichte vorausgegangen ist, während der der Arbeitgeber vielfach Wiedereingliederungsangebote hätte anbieten können und müssen, dürfte der Nachweis, dass alle diese Angebote vergeblich gewesen wären, schwierig zu führen sein.

Für Arbeitgeber bedeutet dies: Mit kranken bzw. wiederholt erkrankten Arbeitnehmern sollten sie ständig erörtern, durch welche Veränderungen am Arbeitsplatz die Gesundheit gefördert werden kann. Nur dann besteht die Chance, eine wirksame krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen, wenn sich die gesundheitliche Situation nicht verbessert.

Arbeitnehmer, die eine krankheitsbedingte Kündigung erhalten, sollten im Gegenzug prüfen, ob ein ausreichendes Wiedereingliederungsmanagement stattgefunden hat. Falls nein, haben sie aus diesem Grund schon Chancen, gegen die Kündigung gerichtlich vorzugehen.

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