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Freigabe der selbständigen Tätigkeit

Nach einer Freigabe der selbständigen Tätigkeit eines Insolvenzschuldner ist dieser gemäß §§ 35 Abs. 2, 295 Abs. 2 InsO verpflichtet,  die Gläubiger so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre.  Er muss also Zahlungen an die Insolvenzmasse in Höhe der pfändbaren Beträge aus einem alternativ eingegangenen Anstellungsverhältnis abführen.  Deren Berechnung war in der Praxis bisher mit etlichen Unsicherheiten verbunden,  zumal eine Verletzung der Abführungspflicht durch den Schuldner nach der Freigabe der selbständigen Tätigkeit zur Versagung der Restschuldbefreiung und somit zum Misserfolg des Insolvenzverfahrens führen kann. Der BGH hat in seinem Urteil vom 13.03.2014, IX ZR 43/12, diese schwierigen Fragen geklärt.

Der Fall mit der Freigabe

Der Insolvenzverwalter verlangte von einem Zahnarzt nach Freigabe seiner selbständigen Tätigkeit von ihm  Zahlung von gut EUR 1.600,00 monatlich mit dem Argument, dieser hätte sich eine Anstellung als angestellter Zahnarzt für ca. EUR 6.000,00 brutto suchen können, aus der dann ausgehend von den Pfändungstabellen dieser Betrag als pfändbares Einkommen hätte erwirtschaftet werden können.  Der Zahnarzt lehnte die Zahlung ab, da er der Ansicht war, dass er Einkommen in dieser Höhe nicht hätte erzielen können.

Die Entscheidung mit der Freigabe

Nachdem der Insolvenzverwalter in den beiden unteren Instanzen verloren hatte, gab ihm der Bundesgerichtshof teilweise Recht und verwies den Fall an das Oberlandesgericht zurück. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass die Zahlungspflicht nach § 295 Abs. 2 InsO keine reine Obliegenheit ist, deren Nichtbeachtung lediglich bei der Entscheidung über die Restschuldbefreiung relevant ist. Vielmehr stellt dies eine Pflicht des Schuldners da, auf deren Einhaltung der Insolvenzverwalter unmittelbar Anspruch hat.  Im Regelfall müsse der Schuldner jährlich zahlen.

Die Abführungspflicht nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit bestehe im Übrigen nur,  wenn der Schuldner aus dieser einen Gewinn erwirtschaftet hat, der das pfändbare Einkommen aus einer alternativ eingegangenen Anstellung übersteigt,  und dann eben nur in Höhe des pfändbaren Einkommens.  Der Schuldner müsse den Insolvenzverwalter alle Auskünfte erteilen, die zur Ermittlung einer möglichen Anstellung und Berechnung des fiktiven Einkommens nötig sind. Im Prozess sei sodann der Insolvenzverwalter verpflichtet, zu dieser Tätigkeit und dem möglichen Einkommen vorzutragen und dieses zu beweisen.  Dies umfasse auch den Umstand, dass eine entsprechende Stelle auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sei, wobei  den Schuldner aufgrund seiner Auskunftspflicht eine sekundäre Beweislast in Bezug auf seine Qualifikation und Leistungsfähigkeit treffe.  Liege das tatsächliche Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit unter diesem Betrag, müsse der Schuldner den so ermittelten pfändbaren Betrag nicht entrichten. Er müsse jedoch dem Insolvenzverwalter Auskunft über seine Gewinnermittlung erteilen.

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