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Fahrzeit – muss sie vergütet werden?

Viele Arbeitnehmer erledigen nicht nur ihre eigentlichen Aufgaben. Sie müssen auch Fahrzeit aufwenden. Ob der Arbeitgeber diese bezahlen muss, wird gelegentlich zum Streitfall. Aber hat ein Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass ihm die Fahrzeit bezahlt wird?

Die Antwort lautet wie so oft: Es kommt darauf an. Der Weg von der Wohnung zum Betrieb, zum Büro, Werkstatt usw. ist in der Regel die Privatsache eines jeden Arbeitnehmers.

Fahrzeit von Betrieb zum Arbeitsort

Steht jedoch die Fahrzeit im Zusammenhang mit der eigentlichen Arbeit und verlangt der Arbeitgeber diese, gehört sie mit zur Arbeitsleistung. Die gesetzliche Vergütungspflicht tritt ein.  Wenn die eigentliche Arbeitsstätte außerhalb des Betriebs liegt  ist die Fahrzeit zwischen dem Betrieb und dem Einsatzort primär fremdnützig.  Dies ist etwa bei Kundendienstmonteuren oder anderen Handwerkern der Fall. Der Arbeitgeber muss zahlen. Zulässig ist es jedoch, dass im Arbeits-oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung für die Fahrzeit getroffen wird. Der hierfür gezahlte Lohn kann also geringer sein als für die eigentliche Arbeit. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung  vom 12.12.2012, 5 AZR 355/12 entschieden.

Fahrzeit von der Wohnung zum Arbeitsort

Denkbar sind auch Fälle, in denen der Arbeitnehmer nicht erst zum  Betrieb fährt, sondern direkt von seiner Wohnung die verschiedenen Kunden anfährt. Wenn dies auf Anordnung des Arbeitgebers erfolgt, muss er schon ab Verlassen der Haustür zahlen, wie das LAG Hamburg am 20.07.2017, 7 Sa 40/17 entschieden hat. Ausnahmen bestehen nur, wenn es dem Arbeitnehmer erlaubt ist, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren oder er von einem Kollegen mitgenommen wird. Muss er nicht selbst als Fahrer tätig werden, braucht ihm der Arbeitgeber die Fahrzeit nicht zu bezahlen. Der Handwerker, der seine Werkzeuge und Material im Auto mitnehmen muss oder die Krankenschwester des mobilen Pflegedienstes, die ein Dienstfahrzeug nehmen muss, hingegen können Bezahlung der Fahrzeit verlangen.

Für die Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten im Sinne des Arbeitszeitgesetzes sind  Fahrzeiten in jedem Fall relevant, auch wenn diese nicht vergütungspflichtig sind. Ähnlich sind auch Umkleidezeiten im Betrieb und hierfür erforderliche Wegezeiten auf dem Betriebsgelände zu behandeln. Dies jedenfalls wenn es dem Arbeitnehmern nicht erlaubt ist, die Dienstkleidung schon zu Hause anzuziehen. So lautet die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.10.2016,  5 AZR 168/16.

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14 Kommentare

  1. Wenn ich früh das Auto auf dem Firmengelände lade und dann zur Baustelle fahre muss dann die Fahrzeit bezahlt werden

    1. Sehr geehrter Herr Lechner, ich verstehe Sie so, dass Sie Arbeitnehmer sind. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Fahrzeit bezahlen. Mit freundlichen Grüßen Dr. Scheibeler

    2. guten Tag
      ich soll ab März auf Montage.
      Da es verschiedene Städte gibt, muss der Arbeitgeber jedesmal die Fahrt von zu Hause bis zum Arbeitsort hin und Rückfahrt bezahlen?
      mfg Thomas Pieper

      1. Sehr geehrter Herr Pieper,
        es kommt darauf an, was in Ihrem Arbeitsvertrag und ggf. dem anwendbaren Tarifvertrag und wo Ihr regulärer Arbeitsplatz ist. Sie können mir die Unterlagen gerne zwecks weiterer Begutachtung zusenden. Auf meine günstige Erstberatungspauschale weise ich hin. Gerne stelle ich auch eine Anfrage bei einer ggf. vorhandenen Rechtsschutzversicherung.
        Mit freundlichen Grüßen
        Dr. Scheibeler

  2. Sehr geehrte,

    Erst, Entschuldige meine schreiben.

    Arbeite als Hausmeister. Jeden Tag früh fahre ich mit Dienstauto, vollgepackt mit Werkzeug und Materialien für täglichen Einsatz, von Zuhause zur erste Kunde, und nachmittags, von letzte Kunde, fahre ich nachause. Arbeitgeber bestimmt diese fahrt, morgens und abends, ist mein privates Zeit, und lass mich nicht Arbeitzeit dafür schreiben.

    Danke im vorraus,
    Mfg
    Darko Horvatic

    1. Sehr geehrter Herr Horvatic,
      es spricht viel dafür, dass Sie ihre Arbeitszeit schon ab Verlassen der Haustür notieren dürfen. Bitte lassen Sie sich diesbezüglich von einem örtlichen Anwalt beraten, der den Fall auch noch einmal verbindlich prüft.
      Mit freundlichen Grüßen
      Dr.Scheibeler

      1. Ist die Fahrt zur einer betrieblichen Sicherheitsbelehrung (hier Eintagesschulung). Die Mitarbeiter werden mit einem von der Firma gestellten Reisebus von Datteln und mit einem zweiten Bus von Dortmund nach Rheda Wiedenbrück gefahren. Wir sind ein Betrieb aus dem Bauhauptgewerbe mit mehreren Niederlassungen in NRW und Niedersachsen, deshalb die Schulung in Rheda Wiedenbrück.
        Die Regelarbeitszeit beträgt im Winter 38 Stunden gemäß Bundesrahmen Tarifvertrag.
        Über eine kurzfristige Antwort würden wir uns sehr freuen.
        Mit freundlichen Grüßen
        Jörg Stobbe

        1. Sehr geehrter Herr Stobbe, bitte lassen Sie mir noch ergänzend die Arbeitsverträge bzw. den Standard-Arbeitsvertrag Ihrer Mitarbeiter zukommen. Ich würde mich dann noch einmal melden. Für die Rechnung benötige ich dann auch noch die Daten Ihres Unternehmens. Vielen Dank.
          Mit freundlichen Grüßen
          Dr. Scheibeler

  3. Ich bin Arbeitnehmer, mein chef holt mich jeden Morgen bei mir zu Hause ab von hier fahren zum ersten Autrag des Tages die Fahrt kann 10 Minuten aber auch 1.5 Stunden dauern ab wann muss mein Chef bezahlen PS.: es handelt sich um Entrümplung/Wohnungsauflösung MfG Herr Gediga

    1. Sehr geehrter Herr Gediga, vorbehaltich einer Prüfung des Arbeitsvertrags und weiterer möglicher Vertragsgrundlagen, ggf. auch des Tarifvertrags, spricht viel dafür, dass Sie keine Vergütung der Fahrzeit verlangen können, wenn Ihr Chef fährt und Sie in dieser Zeit z.B. ein Spiel auf dem Handy spielen oder private Nachrichten schreiben können.
      Mit freundlichen Grüßen Dr. Scheibeler

  4. Guten Morgen
    Ich fahre Behinderte Kinder . Das Auto steht bei mir vor der Tür . Wann beginnt meine Arbeitszeit ?
    MfG Jürgen Duwenhorst

    1. Sehr geehrter Herr Duwenhorst,
      vorbehaltlich einer Durchsicht Ihres Arbeitsvertrags spricht viel dafür, dass Ihre Arbeitszeit an Ihrer Haustür beginnt.
      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Scheibeler

  5. hallo.
    ich habe in meinem arbeitsvertrag 30 wochenstunden vereinbart, ich arbeite in einem pflegedienst. die fahrten mit privatwagen zwischen den patienten zählt zur arbeitszeit und kriegen wir bezahlt. meine frage ist jetzt ob ich mit arbeitszeit und fahrzeit die 30 stunden erbringe oder nur mit der reinen arbeitszeit?
    mit freubdlichen grüßen
    yvonne fischer

    1. Sehr geehrte Frau Fischer, wenn die Fahrzeit vom Arbeitgeber bezahlt wird, spricht viel dafür, dass Sie damit auch Ihre Wochenstundenzahl erfüllen, es sei denn, in Ihrem Arbeitsvertrag ist explizit geregelt, dass Sie 30 Stunden am Patienten arbeiten müssen zuzüglich der Fahrzeiten.
      Mit freundlichen Grüßen
      Dr. Scheibeler

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