Zur Befristung durch Vergleich
Ein gerichtlicher Vergleich stellt einen sachlichen Grund für die wirksame Befristung eines Arbeitsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG dar. Wenn also zur Beendigung eines Kündigungsrechtsstreits oder auch eines Streits über die Wirksamkeit einer Befristungsabrede in einer Gerichtsverhandlung ein Vergleich ausgehandelt und vereinbart wird, dass das Arbeitsverhältnis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt befristet oder auflösend bedingt weitergeführt werden soll, ist diese Vereinbarung dann wirksam. Es wird angenommen, dass das Gericht die Wirksamkeit der von ihm selbst verhandelten, meist sogar selbst vorgeschlagenen Befristung selbst geprüft hat, so dass ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitsvertragsparteien gefunden worden ist.
Vergleich im schriftlichen Verfahren
Aber nicht jeder von einem Gericht festgestellte Vergleich genügt den Anforderungen des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG. Es gibt seit 2001 nämlich auch die Möglichkeit, einen Vergleich im sog. schriftlichen Verfahren gerichtlich protokollieren zu lassen. Hierbei wird der Vergleich schriftlich ausgehandelt, etwa im Nachgang zu einem Gerichtstermin, in dem eine generelle Vergleichsmöglichkeit besprochen wurde, der Vergleich aber noch nicht abgeschlossen werden konnte, weil noch Tatsachenfragen zu klären waren. Es ist aber auch möglich, dass ein solcher schriftlicher Vergleich geschlossen wird, ohne dass jemals ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden hat. Ein solcher im schriftlichen Verfahren geschlossener Vergleich ist ebenso wie ein in einem Gerichtstermin ausgehandelter Vergleich geeignet, um den Prozess zu beenden und die Zwangsvollstreckung im Hinblick auf dort vereinbarte Zahlungen zu betreiben.
Vorschlag durch das Gericht erforderlich
Wenn aber ein Sachgrund für eine befristete Beschäftigung geschaffen werden soll, ist es erforderlich, dass dieser Vergleichsvorschlag vom Gericht formuliert worden ist, wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 15.02.2012, AZ 7 AZR 734/10, entschieden hat. Die in arbeitsgerichtlichen Verfahren entsprechend geltende Zivilprozessordnung sieht in § 278 Abs. 6 ZPO grundsätzlich zwei Möglichkeiten für einen schriftlichen Vergleich vor, nämlich einmal seit 2001 die Annahme eines schriftlichen Vergleichsvorschlags des Gerichts und seit einer Neuregelung in 2004 zusätzlich, dass die Parteien dem Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten und der Vergleich von diesem dann nur noch festgestellt wird. Ein in letzterer Weise zustande gekommener Vergleich stellt nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in seiner neuen Entscheidung keinen wirksamen Sachgrund für eine Befristung dar, da die gerichtliche Mitwirkung des Gerichts nicht stattgefunden hat, die eine ausreichende Gewähr für die Wahrung der Schutzinteressen des Arbeitnehmers bieten soll.
Gesetzesänderung 2000
Als das Teilzeit- und Befristungsgesetz im Jahr 2000 verkündet wurde, war ein schriftlicher Vergleich in der Zivilprozessordnung noch nicht vorgesehen. Es gab aber eine Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach ein gerichtlicher Vergleich, der also in einem Gerichtstermin geschlossen worden war, eine ausreichende Rechtfertigung einer Befristungsabrede war. Diese Rechtsprechung wurde dann in das Gesetz aufgenommen. Nach den Gesetzesmaterialien war Grund hierfür aber, dass die Mitwirkung des Gerichts den Arbeitnehmer im Hinblick auf die vereinbarte Befristung ausreichend schützt. Bei einem von den Parteien vorgeschlagenen Vergleich, in dem das Gericht die Einigung nur protokolliert, aber nicht vorgeschlagen und auch nicht inhaltlich erarbeitet hat, liegt dies aber nicht vor.
Die Klägerin in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall verhielt sich auch nicht treuwidrig, weil sie selbst dem Vergleich seinerzeit zugestimmt hatte. Widersprüchliches Verhalten würde nur dann vorliegen, wenn sie im Bewusstsein um die mögliche Unwirksamkeit eines so zustande gekommenen Vergleiches zu einem solchen gedrängt hätte und nicht für einen anderweitig zustande gekommenen Vergleich offen gewesen wäre.
Ich habe dieses Urteil zum Anlass genommen, meine Akten nochmals durchzusehen und habe einen Fall gefunden, in dem ich für eine Arbeitnehmerin übrigens unter Beteiligung und letztlich auf Vorschlag eines Unterbevollmächtigen mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung einen solchen Vergleich guten Glaubens an seine Wirksamkeit geschlossen habe. Diese Mandantin habe ich über das neue Urteil und seine Folgen informiert. Rechte hieraus wollte sie aber nicht herleiten. Arbeitnehmer mit aufgrund eines Vergleichs befristeten Arbeitsverhältnissen, die diesbezüglich nicht von ihren vormaligen Prozessbevollmächtigten kontaktiert werden, sollten ihre Unterlagen prüfen und nachvollziehen, wie der Vergleich genau zustande gekommen ist. Hierbei ist wie immer die dreiwöchige Frist zur Einreichung der Entfristungsklage zu beachten, die mit dem vereinbarten Ende des befristeten oder bedingten Arbeitsverhältnisses beginnt.
Die soeben geschilderte Auffassung hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 14.01.2015, 7 AZR 2/14 nochmals bestätigt. In seiner weiteren Entscheidung vom 12.11.2014, 7 AZR 891/12 hat es auf die Grenze des institutionellen Rechtsmissbrauchs hingewiesen in einem Fall, bei dem bereits vier Mal ein gerichtlicher Vergleich über eine weitere Befristung geschlossen worden war. Insgesamt war das Arbeitsverhältnis so durch sechs Arbeitsverträge über einen Zeitraum von elf Jahren befristet worden. Die zweijährige Dauer einer sachgrundlosen Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG war damit bereits mehr als fünf Mal überschritten worden. Hierin erkannte das Bundesarbeitsgerichts ein gewichtiges Indiz für einen Rechtmissbrauch. Der Fall wurde zum Zwecke derweiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurück verwiesen.