Urlaubsabgeltung und Tod
Die Erben können nach dem Tod des Arbeitnehmers die Auszahlung des nicht genommenen Urlaubs verlangen – Vorabentscheidung des EuGH vom 12.06.2014, C – 183/13, Sache Bollacke / K + K
Der Europäische Gerichtshof hat bereits in der aufsehendenerregenden Entscheidung Schultz-Hoff (C 350-06) die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Urlaubsrecht auf den Kopf gestellt. Hierüber habe ich an anderer Stelle bereits berichtet. Diese Entwicklung setzt sich in der neuen Entscheidung vom 12.06.2014 zur Urlaubsabgeltung beim Tod des Arbeitnehmers fort.
Der Fall zur Urlaubsabgeltung
In dem entschiedenen Fall klagte die Witwe eines verstorbenen Arbeitnehmers gegen seine ehemalige Arbeitgeberin. Ihr Mann war 2010 verstorben und bereits seit 2009 schwer erkrankt. Bis zu seinem Tod hatte er 140,5 Tage Urlaub gesammelt, die er krankheitsbedingt nicht nehmen konnte. Die Arbeitgeberin weigerte sich, diese als sog. Urlaubsabgeltung auszubezahlen. Und konnte sich hierbei auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht berufen.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.09.2011, 9 AZR 416/10 zur Urlaubsgeltung bei Tod
In seinem Urteil vom 20.09.2011 hatte das Bundesarbeitsgericht nämlich noch in einem ähnlichen Fall ausgeführt, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt. § 7 Abs. 4 BUrlG ordne zwar an, dass der Urlaub abzugelten sei, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden könne. Auch werde das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers beendet, da dieser die Arbeitsleistung persönlich erbringen müsse, so dass sie nicht auf die Erben übergehe. Allerdings setze § 7 Abs. 4 BUrlG weiter voraus, dass der Arbeitnehmer bei Ende des Arbeitsverhältnisses noch lebe. Der Urlaubsanspruch bestehe in der Freistellung von der Arbeit und sei damit an die Person des Arbeitnehmers gebunden. Daher müsse dieser noch am Leben sein, so dass er den Urlaub in Zukunft noch nehmen könne, um die Urlaubsabgeltung zu erhalten.
Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 zur Urlaubsabgeltung nach dem Tod
Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchen des LAG Hamm in der Sache Bollacke erteilte der Europäische Gerichtshof dieser Rechtsauffassung nunmehr eine Absage. Er berief sich hierbei auf die Art. 7 EG-Richtlinie 2003/88, wonach jeder Arbeitnehmer Anrecht auf sieben Wochen Jahresurlaub hat, der außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ausbezahlt werden darf. Dabei gehe es nicht um die Befreiung von der Arbeit, sondern auch um das Entgelt, das der Arbeitnehmer in dieser Zeit erhält. Um den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der praktischen Wirksamkeit, französisch auch „effet utile“, der Vorschrift zu erreichen, müsse auch nach dem Tod eines Arbeitnehmers den Erben das für die Zeit des nicht genommenen Urlaubs zustehende Gehalt ausgezahlt werden. Auch sei es nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer zu Lebzeiten einen Antrag auf Übertragung des Resturlaubs in das nächste Kalenderjahr gestellt habe. Der Witwe wird somit aller Voraussicht nach die Urlaubsabgeltung vom LAG Hamm nach Rückverweisung des Rechtsstreits zugesprochen werden.
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