Zur Bezahlung von Überstunden
In vielen Arbeitsverträgen von Arbeitnehmern steht eine Klausel, wonach Überstunden mit dem monatlich vereinbarten Gehalt abgegolten sind. Aber ist diese auch wirksam? Nein, wie das Bundesarbeitsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 17.08.2011, 5 AZR 406/10, entschieden hat. In diesem Fall ging es um einen Rechtsanwalt, der in einer Kanzlei zu einem Gehalt von über EUR 80.000,00 jährlich tätig war und viele Überstunden über die vereinbarte Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche hinaus leistete, weil er hoffte dort Partner zu werden. Als dies nicht klappte, machte er ausstehende Überstundenvergütung von knapp EUR 40.000,00 wegen der geleisteten Überstunden geltend und wies darauf hin, dass die diesbezügliche Abgeltungsklausel in seinem Arbeitsvertrag unwirksam war, so dass er für jede einzelne Überstunde Bezahlung verlangen konnte.
Wie erwartet, stimmte das Bundesarbeitsgericht dem Kläger bezüglich der Unwirksamkeit der Klausel zu. Es hatte nämlich schon in seinem Urteil vom 01.09.2010, 5 AZR 517/09, eine ähnliche Klausel für unwirksam gehalten. Bei einer solchen Klausel handelt es sich nämlich wie bei jeder Vereinbarung im Arbeitsvertrag um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die der Transparenzkontrolle des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu unterziehen sind. Dem Arbeitnehmer muss also nach Ansicht des Gerichts bei Vertragsschluss klar sein, wie umfangreich seine Arbeitsleistung ist, die für das Festgehalt zu erbringen hat. Denn wenn er z.B. statt 40 Stunden pro Woche 60 Stunden arbeiten würde, verringerte sich der Stundenlohn ja um ein Drittel. Da in dem entschiedenen Fall sämtliche Überstunden ohne Obergrenze gemäß des Arbeitsvertrags abgegolten sein sollten, war die Klausel nach Ansicht des Gerichts unwirksam.
Der Kläger verlor seinen Prozess aber trotzdem, da das Bundesarbeitsgericht weiter meinte, dass er im Hinblick auf die geleisteten Überstunden keine Vergütungserwartung haben konnte. Insbesondere bei Diensten höherer Art dürfe man nicht davon ausgehen, dass jede Stunde bezahlt werde. Ein Anhaltspunkt könnte nach Ansicht des Gerichts sein, dass es in der Branche einen Tarifvertrag gibt, der eine Bezahlung von Überstunden vorsieht. Das ist bei Anwälten nicht der Fall, und der Kläger hatte auch nicht vorgetragen, dass anderen angestellten Anwälten z.B. die Überstunden bezahlt werden. Somit wurde die Zahlungsklage abgewiesen.
Ebenso hielt das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 22.02.2012, 5 AZR 765/10, eine ähnliche Klausel im Vertrag eines Lagerleiters für unwirksam. Da dieser aber keine Dienste höherer Art verrichtete und ein Bruttoentgelt von lediglich EUR 1.800,00 monatlich bezog, nahm das Gericht eine entsprechende Vergütungserwartung in Bezug auf Überstunden an und gab seiner Klage statt. Als Grenze für die Vergütungserwartung erwähnte das Gericht die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung.
In seinem weiteren Urteil vom 16.05.2012, 5 AZR 331/11 hat das Bundesarbeitsgericht eine andere Abgeltungsklausel für wirksam gehalten, obwohl diese wie der gesamte Arbeitsvertrag auch nur mündlich abgeschlossen worden war. In diesem Fall konnte die Arbeitgeberin nämlich beweisen, dass sie mit dem Arbeitnehmer wie mit allen anderen auch vereinbart hatte, dass die „ersten 20 Überstunden monatlich mit drin“ seien. Folglich zahlte sie Überstundenvergütung erst ab der 21. Stunde, dann aber mit einem Aufschlag von 25 %. Diese mündliche Vereinbarung sah das Bundesarbeitsgericht abermals als Allgemeine Geschäftsbedingung an, die aber ausreichend transparent war. Den Arbeitnehmern war ja klar, wie viele Stunden sie maximal für ihr Monatsgehalt arbeiten sollten. Die Klausel war nach Ansicht des Gerichts auch nicht überraschend, da solche Vereinbarungen verbreitet seien. Dieser Arbeitnehmer hatte somit wiederum kein Glück, seine Klage wurde abgewiesen.
Sind Sie Arbeitgeber, sollten Sie jetzt vorsorgen und prüfen lassen, ob die Klauseln bezüglich der Abgeltung der Überstunden in ihrem Arbeitsvertrag noch aktuell sind, und diese ggf. ersetzen. Anderenfalls können Sie sich Vergütungsklagen Ihrer Arbeitnehmer ausgesetzt sehen. Sind Sie Arbeitnehmer und bekommen keine Überstundenvergütung bezahlt, sollten auch Sie sich beraten lassen und etwaig zustehende Überstundenvergütung ggf. einklagen. Hierbei sind wie immer etwaige Ausschlussfristen und die dreijährige Verjährung als Grenze zu beachten.
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