Zu Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2013, 8 AZR 280/12
In vielen Arbeitsverträgen oder auch Tarifverträgen sind sog. Ausschlussfristen enthalten, wonach Ansprüche nach Fälligkeit innerhalb von drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden müssen und verfallen, wenn dies nicht geschieht. Wenn ich einen Arbeitsvertrag für einen Arbeitgeber entwerfe, nehme ich zusätzlich auf, dass Schadenersatzforderungen wegen Vorsatzes und grober Fahrlässigkeit nicht von der Ausschlussklausel umfasst werden. Denn in § 309 Nr. 7 BGB, einer Vorschrift über die allgemeinen Geschäftsbedingungen, ist angeordnet, dass die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht begrenzt werden darf. Und da die von mir entworfenen Arbeitsverträge üblicherweise mehrfach verwendet werden, sind allgemeine Geschäftsbedingungen gegeben. Weitere Argumente für diese Einschränkung sind die Regelung in § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung für Vorsatz nicht im Voraus erlassen werden kann, und in § 202 BGB, wonach die Verjährung bei einer Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus erleichtert werden darf.
Diese Vorsicht ist nicht unbedingt notwendig, wie ich seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.06.2013 8 AZR 280/12 weiß. Das Gericht hatte eine Ausschlussfrist zu begutachten, bei der eine solche Einschränkung in Bezug auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht enthalten war. Es hielt die Klausel aber nicht insgesamt für unwirksam, sondern ging aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung davon aus, dass die Arbeitsvertragsparteien nicht auch die Vorsatzhaftung regeln wollten, die sie ja gar nicht hätten regeln können. Selbst wenn man zu einem anderen Auslegungsergebnis käme, wäre die Klausel nach Ansicht des Gerichts wegen des Verstoßes gegen die eingangs bereits genannten Vorschriften unwirksam und würde nicht greifen. Der Fall der Klägerin, die Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbings geltend machte, wurde zur weiteren Verhandlung an die untere Instanz zurück verwiesen. Diese muss nun aufklären, ob der Umgang des Vorgesetzten mit der schließlich erkrankten Arbeitnehmerin dergestalt war, dass ein Schmerzensgeldanspruch begründet wird.
Ich werde die Einschränkung in Bezug auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nach weiterer Überlegung trotzdem in meinen Vertragsformularen behalten. Nicht weil ich so gerne Papier fülle – ich finde es furchtbar, wenn man einem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag von acht oder zehn Seiten präsentiert – sondern weil es notwendig ist, um bei leicht fahrlässig entstandenen oder sonstigen Forderungen, etwa bei Überzahlung oder Zuwenigzahlung von Gehalt, Klarheit zu schaffen. Denn ich halte es für nicht sicher, ob das Bundesarbeitsgericht diese Klausel in Zukunft weiterhin so verstehen wird. Insbesondere bei Wechseln in der richterlichen Besetzung kommt es vor, dass Rechtsansichten revidiert werden, und man kann die Klausel auch weniger zwanglos und praxisnah beurteilen wie der 8. Senat des BAG in seiner aktuellen Entscheidung. Die andere Auslegungsvariante – Unwirksamkeit der Ausschlussfrist – wurde ja bereits in der Pressemitteilung genannt.
Zur Klarstellung sei noch angemerkt, dass vergleichbare Klauseln in Tarifverträgen vom Bundesarbeitsgericht dahingehend ausgelegt werden, dass auch Ansprüche aus vorsätzlichem Fehlverhalten erfasst werden, so etwa das Bundesarbeitsgericht vom 18.11.2011, 8 AZR 280/11 zum Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe. Die Vorschriften über die allgemeinen Geschäftsbedingungen finden gemäß § 310 Abs. 4 BGB auf Tarifverträge keine Anwendung. Das Urteil und mein Kommentar beziehen sich nur auf Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen.
Haben Sie Fragen zu einer Klausel im Arbeitsvertrag oder benötigen Sie als Arbeitgeber einen belastbaren Vertragsentwurf? Kontaktieren Sie mich, ich helfe Ihnen gerne zeitnah weiter.