Kurze Mietdauer und Kündigung
Ein Vermieter, der über eine kurze Mietdauer nachdenkt, muss den Mieter bei Abschluss des Mietvertrags hierüber in Kenntnis setzen. Anderenfalls kann eine ausgesprochene Eigenbedarfskündigung unwirksam sein (BGH vom 04.02.2015, VIII ZR 154/14).
Oft kommt es vor, dass Mieter zu mir kommen, die erst vor Kurzem umgezogen sind und mit einer Eigenbedarfskündigung konfrontiert werden. Sie haben meist einiges Geld in die Wohnung investiert oder aber die Wohnung im Hinblick auf den Schulweg der Kinder o.ä. lange gesucht. Sie möchten dann wissen, ob es rechtens ist, dass sie die Wohnung nach so kurzer Zeit wieder räumen müssen.
Die Antwort lautet wie so oft bei uns Juristen: Es kommt darauf an. Wenn der Vermieter bereits bei Abschluss des Mietvertrags entschlossen ist, die Wohnung bald selbst zu nutzen oder sie einem Verwandten zu überlassen, muss er dies dem Mieter mitteilen. Dasselbe gilt, wenn er wenigstens darüber nachdenkt. Er muss aber nicht prüfen, ob jemand in seiner Familie die Wohnung möglicherweise in Zukunft nutzen möchte. Stellt der Mieter hierzu Fragen, muss er diese wahrheitsgemäß beantworten.
Kurze Mietdauer – der Fall
Nach etwa zwei Jahren kündigte der Vermieter den Mietvertrag unter Berufung auf Eigenbedarf. Er wolle die Wohnung seiner 20jährigen Tochter überlassen. Diese habe nach dem Abitur ein Jahr im Ausland verbracht. Sie werde jetzt einen Ausbildung beginnen und wolle eine eigene Wohnung beziehen. Bis zum Abitur habe sie in der elterlichen Wohnung gelebt. Die Mieterin widersprach der Kündigung, da sie diese für rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam hielt. Der Eigenbedarf sei bei Abschluss des Vertrags vorhersehbar gewesen.
Kurze Mietdauer – das Urteil
Die Mieterin gewann den Rechtsstreit in den ersten beiden Instanzen. Die Tochter wurde als Zeugin einvernommen. Sie teilte mit, dass sie stets erwogen habe, eine Ausbildung in Nähe ihres Heimatortes zu beginnen. Es sei zwar nicht davon gesprochen worden, dass sie nach dem Auslandsjahr eine eigene Wohnung beziehen wird. Die Gerichte meinten jedoch, dass der Vermieter hiermit hätte rechnen müssen. Seine Tochter sei durch das Auslandsjahr selbständig geworden, es liege nahe, dass sie ihre Unabhängigkeit nicht mehr aufgeben wolle. In der Familie sei auch davon gesprochen worden, dass die Tochter nach Auszug aus dem Elternhaus eine der Mietwohnungen des Vaters beziehen werde. Bei umsichtiger Vorausschau hätte dies der Vermieter bereits bei Abschluss des Mietvertrags erkennen und die kurze Mietdauer mitteilen müssen. Die Eigenbedarfskündigung sei rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam.
Der Bundesgerichtshof urteilte letztlich eher vermieterfreundlich. Sodann verwies er den Rechtstreit zwecks weiterer Aufklärung zurück. Rechtsmissbrauch könne nicht bereits dann angenommen werden, wenn der Vermieter die Eigenbedarfskündigung bereits hätte in Erwägung ziehen müssen. Rechtsmissbrauch liegt nach Auffassung des Gerichts erst vor, wenn der Vermieter zur Eigenbedarfskündigung bereits entschlossen ist oder sie ernsthaft erwägt. Eine „Bedarfsvorschau“ sei dem Vermieter nicht zuzumuten. In diesem Fall liege kein widersprüchliches Verhalten vor, auf das der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs gestützt werden könnte. Etwas Anderes ist nur dann der Fall, wenn der Mieter nach einem möglichen Eigenbedarf fragt und der Vermieter wahrheitswidrig mitteilt, dass eine solche Situation nicht denkbar ist.
Letztlich kommt es hierbei sehr auf den Kenntnisstand des Vermieters an, der seitens des Mieters schwer zu ermitteln ist. Allerdings können Dritte, wie hier die Tochter, als Zeugen einvernommen werden. Haben Sie Fragen zum Thema kurze Mietdauer und Unwirksamkeit einer Kündigung? Vereinbaren Sie einen Termin in meiner Kanzlei!