Betriebskostenspiegel und Wirtschaftlichkeitsgebot
Der sog. Betriebskostenspiegel des Mietervereins kann nicht als Argument gegen die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes herangezogen werden
Gegen Ende des Jahres ist es wieder so weit: Viele Vermieter versenden die Betriebskostenabrechnung für das Vorjahr und stellen oft hohe Nachforderungen. Der Mieter kann diese dann prüfen bzw. prüfen lassen. Ist z.B. eine Betriebskostenart abgerechnet worden, die er laut Vertrag nicht zu zahlen verpflichtet ist, kann er eine Korrektur verlangen. Ebenso ist zu prüfen, ob der richtige Umlagemaßstab verwendet wurde. Insbesondere bei Positionen, die stark gestiegen sind, lohnt sich manchmal auch die Berufung auf das sog. Wirtschaftlichkeitsgebot. Dieses Gebot verpflichtet den Vermieter, bei Abschluss der Verträge über die einzelnen Betriebskosten auf die Kosten zu achten, und nicht z.B. eine überteuerte Gebäudeversicherung abzuschließen, die er bei einer anderen Versicherungsgesellschaft viel günstiger erhalten könnte. Gerade weil er diese Kosten an die Mieter weiterberechnen kann und nicht selbst zu tragen hat, muss er hier sparsam haushalten und den Preis prüfen. Tut er dies nicht und verletzt das Wirtschaftlichkeitsgebot, hat der Mieter eine Schadensersatzforderung, die dazu führt, dass nur die angemessenen Kosten zu tragen hat. Wenn also beispielsweise die Wohngebäudeversicherung EUR 1.000,00 kostet, obwohl sie bei einem anderen Versicherungsanbieter für die Hälfte zu erhalten wäre, kann der Vermieter nur EUR 500,00 auf die Mieter umlegen.
Aber wie kann der Mieter nachweisen, dass die Kosten überhöht sind und das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht eingehalten wurde? Der sog. Betriebskostenspiegel für Deutschland, der vom Deutschen Mieterbund herausgegeben wird, ist hierfür meist kein Argument, wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 06.07.2011, VIII ZR 340/10, klargestellt hat. In diesem sind die durchschnittlichen Kosten für die verschiedenen Betriebskostenarten, bezogen auf den jeweiligen Quadratmeter, festgehalten. Für die Versicherungen waren im Jahr 2009 z.B. durchschnittlich EUR 0,14 je Quadratmeter zu zahlen.
Diesen Betriebskostenspiegel haben Mieter nun in einem Fall herangezogen, um gegen stark gestiegene Gebühren für die Müllentsorgung vorzugehen. Sie hatten Müllentsorgungsgebühren von über EUR 500,00 zu tragen und argumentierten in Bezug auf das Wirtschaftlichkeitsgebot mit Hinweis auf den Betriebskostenspiegel, dass lediglich knapp EUR 200,00 angemessen seien. Die Differenz behielten sie von der nächsten Miete ein. Zu Unrecht, wie der BGH entschied. Nach seiner Auffassung müssen die Mieter vortragen und beweisen, dass gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen worden ist. Wenn dies gelungen ist, muss der Vermieter im Rahmen der sog. sekundären Beweislast zur Wirtschaftlichkeit der einzelnen Nebenkosten vortragen, der ja die zugrunde liegenden Verträge selbst geschlossen hat und sich mit diesen besser auskennt als der Mieter. Der bloße Verweis auf den Betriebskostenspiegel reichte dem BGH in dem Urteil jedoch nicht aus, da die Entsorgungsgebühren von den städtischen Satzungen abhingen, die stark voneinander abweichten. Der Betriebskostenspiegel bilde nur den bundesweiten Durchschnitt ab, so dass er nicht zur Argumentation herangezogen werden könne.
Die Mieter hatten zwar dann noch weiter vorgetragen, dass die Müllgebühren auch für die konkrete Stadt ungewöhnlich hoch seien und das Wirtschaftlichkeitsgebot auch aus diesem Grund verletzt war. Hier hätten sie nach Auffassung des Gerichts aber genauer zu Anzahl und Art den vorhandenen Mülltonnen müssen, was nicht geschehen war. Die Vermieterin ihrerseits wies darauf hin, dass die kostenlosen gelben Mülltonnen für Wertstoffe von der Stadt wegen Falschbefüllung durch die Mieter eingezogen und stattdessen weitere kostenpflichtige Restmülltonnen zur Verfügung gestellt worden seien. Die Mieter seien zudem darauf hingewiesen worden, dass sie ihre Wertstoffe weiterhin kostenlos in gelben Säcken entsorgen konnten. Dass die Restmülltonnen nicht benötigt worden wären, wurde von den Mietern nicht dargetan, ebenso wenig, dass die Mülltrennung im Haus wieder besser geworden sei. Damit war die Vermieterin ihrer sekundären Beweislast nachgekommen, und die Klage wurde abgewiesen.
Für Mieter bedeutet das konkret: Sie dürfen es sich nicht einfach machen und auf den Betriebskostenspiegel verweisen, sondern müssen bei jeder Betriebskostenart die Belege einsehen und vergleichen, indem sie z.B. Angebote für eine alternative Gebäudeversicherung usw. einholen. Nur so können sie die Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes rügen. Eine unberechtigte Kürzung kann dazu führen, dass man bei Gericht unterliegt, das Verhältnis zum Vermieter beschädigt und im schlimmsten Fall noch hohe Prozesskosten zu tragen hat. Daher sollte man sich vor einer etwaigen Kürzung anwaltlich beraten lassen: An dieser Stelle gilt einmal mehr: Guter Rat muss nicht teuer sein, fehlender Rechtsrat hingegen kann sehr kostspielig werden.