Haustarifvertrag und Betriebsübergang
Was passiert mit einem Haustarifvertrag bei einem Betriebsübergang? Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 07.07.2010, 4 AZR 1023/08
Bei einem Betriebsübergang ist es oft schwierig zu beurteilen, ob und wenn ja wie sich der Inhalt der Arbeitsverhältnisses verändert, und dies sogar bezüglich sehr wichtiger Bestandteile wie des Stundenlohns. Solche Fälle treten regelmäßig dann auf, wenn im Betrieb des Veräußerers ein Tarifvertrag galt, der dann mit einem anderen, im Betrieb des Erwerbers geltenden Tarifvertrag kollidiert.
§ 613 a BGB ordnet zwar an, dass der Erwerber mit allen Rechten und Pflichten in die Arbeitsverhältnisse eintritt. Er regelt aber weiter, dass Rechte und Pflichten, die durch einen Tarifvertrag geregelt werden, Inhalt des Arbeitsvertrags werden und nach Ablauf eines Jahres vom Erwerber geändert werden können. Dies ist zudem dann nicht der Fall, wenn im Betrieb des Erwerbers ein anderer Tarifvertrag oder eine andere Betriebsvereinbarung gilt.
In einem vom BAG vom 07.07.2010 entschiedenen Fall (AZ 4 AZR 1023/08) galt bei dem Veräußerer ein so genannter Haustarifvertrag, der also zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaft für diesen konkreten Betrieb geschlossen worden war. Er verdrängte einen allgemeinverbindlichen Flächentarifvertrag, der also für alle Betriebe der Branche in einem bestimmten Bezirk galt. Dies führte dazu, dass die Arbeitnehmer des Veräußerers weniger Gehalt erhielten als ihre Kollegen in vergleichbaren Betrieben der Region.
Der Betriebsübergang auf ein anderes Unternehmen der Branche führte nach der Entscheidung des BAG zur Geltung des Flächentarifvertrags. Die ungünstigen Regelungen aus dem Haustarifvertrag hatten schlagartig keine Wirkung mehr. Die Bestimmungen des Flächentarifvertrags wurden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit verbindlich. Der Haustarifvertrag wurde nicht Bestandteil der Arbeitsverträge.
Erfreulich war dies für die Arbeitnehmer, die also mehr Gehalt erhielten. Mehrkosten entstanden jedoch für den Erwerber, der zunächst nach dem für ihn günstigeren Haustarifvertrag gezahlt hatte. Diese Mehrkosten könnten den Gewinn aus der Akquisition verringern oder sogar vernichten. Aus diesem Grund macht es für beide Seiten Sinn, die vorgenannten Fragen anwaltlich prüfen zu lassen, und zwar am Besten vor dem Betriebsübergang.