Befristete Arbeitsverträge und Vorbeschäftigung
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09, zur Vorbeschäftigung bei befristeter Anstellung
Am 06.04.2011 hat sich das Bundesarbeitsgericht wieder einmal mit den Befristungsregelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes befasst, AZ 7 AZR 716/09. Dieses Mal aber gewann die Arbeitnehmerin nicht. Sie war von 2006 bis 2008 gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG bei einem Bundesland als Lehrerin angestellt. Die herangezogene Vorschrift erlaubt die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren und wird von vielen Arbeitgebern als verlängerte Probezeit genutzt. Bewährt sich der Arbeitnehmer, kann er oft auf eine unbefristete Anstellung hoffen. Voraussetzung ist aber, dass mit demselben Arbeitgeber zuvor kein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis, sog. Vorbeschäftigung, bestanden hat. Hiermit war bis zum 06.04.2011 jedes denkbare Arbeitsverhältnis gemeint. Wenn der Arbeitnehmer also schon einmal als Schüler z.B. in den Winterferien bei der Inventur geholfen und sich das Taschengeld aufgebessert hat, kann er auch Jahre später nach dem Studium nicht wirksam bei demselben Arbeitgeber aufgrund von § 14 Abs. 2 TzBfG befristet eingestellt werden. Dies wurde oft als Hemmnis für eine Anstellung empfunden. Gerade auch bei größeren Unternehmen ist es auch schwierig zu recherchieren ob eine Vorbeschäftigung gegeben ist.
Änderung der Rechtsprechung zur Vorbeschäftigung
Das Bundesarbeitsgericht hat daher § 14 Abs. 2 TzBfG jetzt so ausgelegt, dass kein Vorbeschäftigung vorliegt, wenn dieses mehr als drei Jahre zurückliegt. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem ehemaligen Schüler in meinem Beispiel wäre also wirksam. Gleiches galt für die Befristung der Lehrerin im des Bundesarbeitsgerichts, die im Winter 1999/2000 in drei Monaten insgesamt fünfzig Stunden als studentische Hilfskraft für das gleiche Bundesland gearbeitet hatte.
Das Bundesarbeitsgericht hält eine dreijährige Unterbrechung für ausreichend, um sog. Befristungsketten zu verhindern, die das Teilzeit- und Befristungsgesetz vermeiden möchte. Den Zeitraum von drei Jahren hat es der regelmäßigen Verjährungsfrist des Bürgerlichen Gesetzbuches entnommen, das ebenfalls von einem solchen Zeitraum ausgeht. Das bisherige weite Verständnis der Zuvor-Beschäftigung würde manchem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit einer befristeten Anstellung mit Aussicht auf eine Dauerbeschäftigung nehmen, wenn der Schüler in meinem Beispiel den befristeten Arbeitsvertrag nach seinem Studium deswegen schon gar nicht angeboten bekommt.
Das Echo auf dieses Urteil ist durchaus unterschiedlich. Während Arbeitgeberverbände die Entscheidung begrüßten, sehen die Gewerkschaften die Gefahr von Kettenbefristungen steigen. Ob Arbeitgeber aber wirklich dazu übergehen, Arbeitnehmer alle drei Jahre einzustellen, einzuarbeiten und dann wieder für drei Jahre zu entlassen, bleibt abzuwarten.
Abweichende Meinung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat sich in seinem Urteil vom 21.02.2014, 7 Sa 64/13 ausdrücklich gegen diese Entscheidung gestellt. Nach seiner Ansicht gilt das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG zeitlich unbeschränkt. Der von 2001 bis 2005 bereits bei dem beklagten Land eingestellte Kläger konnte somit geltend machen, dass die auf § 14 Abs. 2 TzBfG gestütze Befristung der erneuten Anstellung in den Jahren 2011 bis 2013 unwirksam war. Dies ergebe die Auslegung des Gesetzes, eine Rechtsfortbildung im Wege der teleologische Reduktion des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG sei ausgeschlossen. Es sei den Gerichten verwehrt, ihre eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle des Gesetzgebers zu setzen. Ob dieser Ansatz dazu führt, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu ändern, bleibt abzuwarten.