Zur erfolgsabhängigen Vergütung bei Kündigung

Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 12.04.2011, 1 AZR 412/09 und 1 AZR 689/09

Viele Arbeitgeber treffen mit ihren Arbeitnehmern sog. Zielvereinbarungen, in denen zusätzlich zu einem festen Gehalt bei Erreichen bestimmter Ziele eine variable Vergütung zugesagt wird. Bei Vertriebsmitarbeitern sind dies meist bestimmte Verkaufszahlen, es werden oft aber auch andere, nicht quantitativ messbare Ziele vereinbart, deren Erreichen dann vom jeweiligen Vorgesetzten festgestellt werden muss.

Unzulässig ist jedoch eine Klausel, wonach die erfolgsbezogene Vergütung nicht ausgezahlt wird, wenn der Mitarbeiter unterjährig durch Kündigung ausscheidet oder aber das Arbeitsverhältnis bis zum Auszahlungsstichtag gekündigt wird. Das hat das Bundesarbeitsgericht in zwei Urteilen vom 12.04.2011, 1 AZR 412/09 und 1 AZR 689/09 festgestellt.

Beide Kläger waren bei einer Bank beschäftigt. In ihrem Arbeitsvertrag stand eine Klausel, wonach sie eine variable Erfolgsvergütung nach einer Betriebsvereinbarung erhalten sollten. Beide hatten das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt. Nach einer Mitteilung, die beide Kläger vor ihrer Kündigung erhalten hatten, durften sie mit einer Erfolgsvergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008 rechnen, die in dem einen Fall etwas mehr als ein, im anderen deutlich mehr als zwei Bruttomonatsgehälter ausmachte. Aufgrund der Kündigungen verweigerte die Arbeitgeberin aber dann die Auszahlung der Erfolgsvergütung unter Hinweis auf die Klausel in der Betriebsvereinbarung. Zu Unrecht, wie jetzt das BAG befand.

Da es in diesem Fall nicht um die Auslegung des Arbeitsvertrags sondern einer Betriebsvereinbarung ging, argumentierte das Bundesarbeitsgericht an dieser Stelle nicht mit den Vorschriften über die allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es verwies allerdings auf die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit und § 611 BGB, wonach der Arbeitgeber für die geleistete Arbeit die vereinbarte Gegenleistung zu zahlen hat. Die variable Vergütung sei ebenso wie das Festgehalt Gegenleistung für die erbrachte Arbeit, was bereits aus der Präambel der Betriebsvereinbarung hervorgehe, wonach hervorragende Leistungen entsprechend honoriert werden sollen. Die variable Vergütung werde außer am Ergebnis des Unternehmens auch an der individuellen Leistung des Mitarbeiters bemessen und solle seine Motivation steigern. Es handele sich gerade nicht um Sonderzuwendungen wie z.B. ein Weihnachtsgeld, das ohne Bezug auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers anlässlich der traditionell hohen Aufwendungen für das Weihnachtsfest erbracht werde.

Der Anspruch auf die variable Vergütung entstehe auch für jeden Monat anteilig, da im Falle eines unterjährigen Eintritts oder Austritts wegen Rentenbezugs oder Mutterschaft eine Auszahlung pro rata temporis vereinbart worden sei. Sie werde lediglich zum Stichtag ausgezahlt. Solche entstandenen Ansprüche können laut BAG aber nicht unter die Bedingung des ungekündigten Arbeitsverhältnisses am Auszahlungsstichtag  nach Ablauf des Leistungszeitraums, also des Geschäftsjahres, gestellt werden. Dadurch werde durch das in § 611 BGB verankerte Prinzip verstoßen, dass für die geschuldete Arbeit das vereinbarte Entgelt gezahlt wird, und die Arbeitnehmer werden in grundrechtswidriger Weise an einem Wechsel des Arbeitsplatzes gehindert. Aufgrund der vertraglich vereinbarten längeren Kündigungsfristen würden die Arbeitnehmer gezwungen, Kündigungsmöglichkeiten, die zu einem gekündigten Arbeitsverhältnis am Auszahlungsstichtag führten, verstreichen zu lassen, um die variable Vergütung zu erhalten. Der anderenfalls eintretende Verzicht auf die bereits verdiente Vergütung sei angesichts des Interesses der Arbeitgeberin an der Betriebstreue der Arbeitnehmer unverhältnismäßig, da diese hierfür keine Leistung erbringe.

Fazit der Entscheidung ist, dass eine erfolgsabhängige Vergütung, die an einen bestimmten persönlichen Erfolg des Arbeitnehmers und damit an seine Arbeitsleistung anknüpft, auch im Falle seiner Kündigung ausgezahlt werden muss. Wenn der Arbeitgeber nicht nur zu besonders guter  Arbeitsleistung, sondern auch zur Betriebstreue anspornen möchte, muss er zusätzlich eine von der Arbeitsleistung unabhängige Gratifikation wie z.B. ein Weihnachtsgeld zahlen, das er bei einem Ausscheiden des Mitarbeiters in bestimmten Grenzen zurückfordern kann.

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