Optionskommune – Übergang von Arbeitsverhältnissen

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.09.2013, 8 AZR 775/12, zur Optionskommune

Der Umgang von Behörden mit Mitarbeitern einer Optionskommune hat schon das zweite Mal das Bundesarbeitsgericht beschäftigt und wird jetzt noch das Bundesverfassungsgericht befassen. Dieses Mal ging es um die Frage, ob Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit wirklich dazu gezwungen werden können, von dieser zu den kommunalen Trägern der Optionskommune zu wechseln, wie dies § 6 c Abs. 1 S. 1 SGB II vorschreibt. Bei einer sog. Optionskommune handelt es sich um eine Stadt, die Leistungen nach dem SGB II; also die Arbeitsvermittlung und Auszahlung von Leistungen an sog. Hartz-IV-Empfänger, gemäß § 6 a SGB II an sich herangezogen hat.

In § 6 c Abs. 1 S. 1 SGB II ist angeordnet, dass Arbeitnehmer und übrigens auch hier weiter nicht interessierende Beamte der Bundesagentur für Arbeit, die zwei Jahre bereits Leistungen nach dem SGB II erbracht haben, automatisch zu Arbeitnehmern des kommunalen Trägers werden, wenn dieser die Zulassung als Optionskommune erhält. Die Arbeitnehmer erhalten also per Gesetz und ohne gefragt zu werden einen anderen Arbeitgeber.

Dies kann zwar auch anderen Arbeitnehmern geschehen, und zwar im Wege des sog. Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB, also insbesondere bei einem Verkauf von Unternehmen. Dort sieht aber § 613 a Abs. 6 BGB vor, dass die Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprechen und beim alten Arbeitgeber verbleiben können. Das führt zwar meist dann dazu, dass sie eine Kündigung erhalten, weil der alte Arbeitgeber sie nicht mehr beschäftigten kann. Aber jedenfalls sind Arbeitnehmer in einem solchen Fall nicht verpflichtet, sich quasi als Bestandteil des Betriebes mit an den neuen Eigentümer „verkaufen“ zu lassen. Dies hat auch der Gesetzgeber des BGB so gesehen und das Widerspruchsrecht aufgenommen. Anders verhielt er sich jetzt bei der Schaffung des § 6 c SGB II im Fall einer Optionskommune.

Dasselbe können nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts in seiner vorgenannten Entscheidung auch die Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit verlangen, die automatisch auf die Optionskommune übergehen sollen. Das Bundesarbeitsgericht hält § 6 c Abs. 1 SGB II für unvereinbar mit der in Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit der Arbeitnehmer, die eben auch die Entscheidung darüber beinhaltet, für welchen Arbeitgeber man tätig ist. Dementsprechend hat es gemäß Art. 100 GG das Verfahren ausgesetzt und die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit dieser Sichtweise weicht der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts von einer älteren Entscheidung ab, die er z.B. am 02.03.2006 unter dem Aktenzeichen 8 AZR 124/05 getroffen und danach vielfach bestätigt hatte. Dort ging es ebenfalls um die Übertragung von Arbeitsverhältnissen per Gesetz, dieses Mal vom Land Berlin auf eine Stiftung Öffentlichen Rechts, die den Betrieb der Opern in Berlin übernehmen sollte. Das Bundesarbeitsgericht erkannte damals zwar einen Eingriff in die Berufsfreiheit durch den erzwungenen Arbeitgeberwechsel, hielt ihn jedoch durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohls, nämlich die Sicherung der Berliner Opernhäuser, gerechtfertigt. Zudem gab es zu bedenken, dass der neue Schuldner ähnlich leistungsfähig sei wie der alte. Das Bundesverfassungsgericht hielt diese Argumentation jedoch für falsch, wie es in seinem Beschluss vom 25.01.2011, 1 BvR 1741/09 bezüglich der Zusammenlegung der Universitätskliniken Marburg und Gießen ausführte. Auch dort sollten die Arbeitnehmer auf eine neu gegründete Körperschaft öffentlichen Rechts und später auf einen privaten Träger übergeleitet werden. Das Bundesverfassungsgericht führte aus, dass den Arbeitnehmern ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse hätte eingeräumt werden müssen, insbesondere auch vor dem Hintergrund der im Anschluss geplanten Privatisierung. Diese würde dann dazu führen, dass der Arbeitnehmer vom öffentlichen Dienst in die Privatwirtschaft gelange und so z.B. viel eher mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen müsse. Ein generelles Widerspruchsrecht bei einem gesetzlichen Übergang von Arbeitsverhältnissen forderte das Bundesverfassungsgericht jedoch seinerzeit nicht. Ob es bei dieser Haltung bleibt, werden wir sehen. Im Fall der Mitarbeiter einer Optionskommune im aktuellen Fall ist anders als bei den Universitätskliniken ja nicht zu erwarten, dass ihre Arbeitsverhältnisse später auf einen privaten Träger übergeleitet werden.

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